Leviathan (2012)

Originaltitel

Land/Jahr

Genre

Laufzeit

 

Regie

Leviathan

Frankreich, USA, Grossbritannien; 2012

Dokumentation

83 min

 

Lucien Castaing-Taylor, Verena Paravel

 

 


Leviathan – das Seeungeheuer, das seinen Ursprung in der religiösen Mythologie findet. Weshalb es existiert ist, wie so oft, je nach Übersetzung des Bibeltextes anders gedeutet. Was mit Sicherheit gesagt werden kann ist, dass nur Gott dieses Wesen, eine Mischung aus Wal, Drachen, Schlange und Krokodil, zerstören kann. Grundsätzlich soll der Leviathan aber nur eine Metapher für die unbändige Kraft des Meeres sein. Die Vorstellung und Bedeutung dieser Mythologie hat aber nicht nur unzählige Geschichten sondern auch einige Filmemacher inspiriert. So erschienen bisher drei Filme mit dem Titel „Leviathan“. Der Bekannteste darunter ist vermutlich der 1989 erschienene Science-Fiction-Horrorfilm von George P. Cosmatos.

Mit diesem Genre-Klassiker hat aber „Leviathan“ (2012) von Regieduo Lucien Castaing-Taylor / Verena Paravel gar nichts gemein. Ihr Werk wird als Dokumentation angepriesen und von vielen Kritikern ins Höchste gelobt. Doch irgendwie scheinen die einen anderen Film gesehen zu haben.

"Bildgewaltig"
"Bildgewaltig"

Dunkelheit. Ohrenbetäubend laute Maschinengeräusche beschallen den Zuschauer. Kettenrasseln. Langsam sieht man verwackelte, unscharfe Bilder vom Deck eines großen Schiffes. Wasser spritzt auf die Kameralinse. Geschnitten wird nicht. Weiter wackelt die Kamera durch die unscharfe Szenerie in der die Kette eines Schleppnetzes auf eine riesige Spindel gewickelt wird. Die Geräusche sind weiterhin undefinierbar laut. Nach geschätzten fünf Minuten, in denen wir immer den gleichen Bildausschnitt betrachten, ist das Netz eingezogen und die Fische darin werden in einen großen Behälter auf dem Deck gegossen.

Weiter geht es mit der POV-Kameraperspektive. Es folgt eine mehrminütige Nahaufnahme wie Fische aufgeschnitten und ausgenommen werden. Das geschieht schnell und routiniert. Nach mehreren dutzend toten Fischen folgt eine Aufnahme von der Seite des Schiffes auf der blutrotes Wasser hinunterläuft. Diese Einstellung der unbeweglichen Kamera dürfen wir ungefähr zehn Minuten lang betrachten.

 

Man fragt sich an dieser Stelle bereits: Was wollen uns die Filmemacher mit dem gezeigten sagen? Es ist offensichtlich kein Film der unter lebensbedrohenden Umständen mit versteckter Kamera aufgenommen wurde. Die Regisseure hatten durchaus die Erlaubnis auf dem Schiff zu drehen. Warum erzählen sie uns dann aber nicht warum sie dort sind. Warum löst nur eine ohrenbetäubend laute, unscharfe, mehrminütige Einstellung die nächste ab?

Die Höhepunkte des Filmes sind schnell erzählt, auch wenn sie schwerlich als solche bezeichnet werden dürfen. Etwas länger als zehn Minuten sieht man wie die Kamera, die am Bug des Schiffes befestigt wurde, durch den Wellengang ins Wasser ein- und wieder auftaucht. Sehen kann man unter Wasser durch den starken Strudel nichts außer Unschärfe. Über Wasser erblickt man aber auch nicht viel mehr. Stattdessen dröhnt das anstrengende Geräusch des Kameramikrophons, das durch das Wasser nur Rauschen von sich gibt. Herausragend ist auch die Szene, in der ein Schiffsarbeiter unter Deck für fünf Minuten direkt in die Kamera schaut ohne sich dabei zu bewegen.

Und wieder stellt sich die Frage: Was zum Teufel hat das alles zu bedeuten?

 

‚Tja, das ist eben Kunst!’ – werden nun viele behaupten. ‚Kunst muss nicht gefallen.’ ‚Kunst soll aufrütteln und zum Nachdenken anregen.’ – Ja, das kennt man ja alles bereits. Mach etwas Sinnloses, das die Leute nicht verstehen und du wirst bestimmt von allen zu hören bekommen, dass es große Kunst ist.

Doch darf es wirklich so einfach sein? Oftmals erscheint es, dass viele selbsternannte Intellektuelle sich davor zu fürchten scheinen eine eigene Meinung zu haben und etwas, das so furchtbar unüberlegt und sinnlos ist, als Müll zu bezeichnen.

 

‚Ich verstehe es nicht und es gefällt mir nicht... Also behaupte ich einfach mal es sei geniale Kunst, dann wirke ich kultiviert.’

 

Mit dieser Einstellung scheinen viele Personen die Kinovorstellung von „Leviathan“ verlassen zu haben und begannen sogleich ungemein viel in die nicht vorhandene Handlung hineinzuinterpretieren. Es sei eine ungeschönte Darstellung der Vergewaltigung der Natur durch den Menschen. - Die Revolutionierung des Filmes hätten die Regisseure damit geschaffen, dadurch dass sie die Kamera einen Schritt weiter in der Evolution gebrächt hätten. - ‚Roh und realistisch; Filmkunst in der reinsten Form’ – Ja, das klingt doch wirklich fantastisch. Aber seien wir doch einmal ehrlich und treten einen Schritt zurück um das Werk des Regieduos etwas mehr geradeaus zu betrachten.

 

Schaut man „Leviathan“ nämlich einfach mal ohne Wertung an, so ist er nur eines: Eine unscharfe, wacklige Bildersammlung ohne Inhalt, Zusammenhalt oder Unterhaltungswert. Man würde im Kino einschlafen, währe da nicht die markerschütternde Geräuschkulisse, die diesem sinnlosen Konstrukt noch die Krone aufsetzt. Jedes Home-Video ist spannender anzusehen. In der heutigen Filmwelt scheint das kleinste Experiment viel zu schnell an Popularität zu gewinnen, die durch gegenseitiges Aufwiegeln entsteht. Jeder filmische Erguss scheint ein Studio zu finden und bestimmt auch einen Kritiker, der ihm die volle Punktzahl vergibt.

Doch sollten wir einmal ehrlich bleiben und zugeben, dass Filmkunst nicht einfach dadurch entsteht, dass man 90 Minuten mit der Kamera wackelt. Wahre Kreativität und Innovation in der Kunstform Film entsteht dann, wenn ein Filmemacher seine persönliche Vision ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzt und dabei alles Riskiert um dem Publikum seine Geschichte zu erzählen. Doch Voraussetzung für den Film im Kino ist doch nach wie vor eine Geschichte – oder wenigstens beeindruckende und informative Bilder. Dies darf auch Abstrakt sein, verfremdet, ohne Ton und mit kreativen Kameraperspektiven, doch sollte doch immer noch etwas erzählt werden.

Filme wie „Koyaanisqatsi“ (1982) erfüllen dies bereits, denn in dem von Francis Ford Coppola produzierten Werk spielt der Regisseur gekonnt mit der Organik von Naturlandschaften und paart diese mit der mitreißenden Musik von Philip Glass.

Lucien Castaing-Taylor und Verena Paravel machen dies hingegen nicht. Das Regieduo liefert einen Experimental-Kunstfilm, der eindeutig nichts im Kino verloren hat. Ein geeigneter Ort dafür währe vielleicht ein Museum, wo man neben diesem Film auch noch andere Ausstellungsobjekte für sein Geld zu sehen bekommt. 

 

Als ich einmal ein Video gemacht habe, in dem ich meine wasserdichte Handkamera zehn Minuten lang in die Badewanne getaucht und wieder rausgezogen habe, hat sich kein Studio dafür interessiert. Dabei hat der Film doch alles: Gesellschaftskritik, neue Wege in der Kameraführung, eine nicht vorhandene Story, die viel Raum zur Interpretation frei lässt, und jede Menge nerviger Geräusche.

 

Fazit:

„Leviathan“ (2012) ist keine Dokumentation und auch die Bezeichnung ‚Film’ schmeichelt noch zu sehr. Hier sieht man 87 Minuten lang unscharfes Kameragewackel, gepaart mit ohrenbetäubendem Lärm, das uns von Pseudointellektuellen als bahnbrechende Kunst verkauft wird. Nein, wenn sich Filmkunst in diese Richtung bewegt, dann ist sie dem Untergang geweiht. Jeder Trash-Film ist besser als dieses inhaltslose, selbstgefällige Machwerk. „Leviathan“ ist ein wahrer Albtraum der Langweile, hoffen wir mal, dass Gott kommt und ihn zerstört.

 

Bewertung: 1/10

Autor | Yves Albrecht

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