Der Leichenverbrenner (1969)

Originaltitel

Land/Jahr

Genre

Laufzeit

 

Regie

Drehbuch

Darsteller

Spalovac mrtvol

Tschechoslowakei, 1969

Drama

95 min


Juraj Herz

Ladislav Fuks, Juraj Herz

Rudolf Hrusínský, Vlasta Chramostová, Jana Stehnová, Milos Vognic, Zora Bozinová, Ilja Prachar, Eduard Kohout


In düsterem Schwarz/Weiss kommt dieses tschechische Drama daher. Vor allem aus der Leistung des Hauptdarstellers schöpft der Film seine Faszination und zeigt welche Kraft rechtsradikaler Fanatismus haben kann.

Karl Kopfrkingl (Rudolf Hrusínsky) ist Besitzer eines Krematoriums in einer kleinen tschechischen Stadt. Eigentlich gebürtiger Deutscher, ist er mit der jüdischen Maria verheiratet, hat mit ihr eine Tochter und einen Sohn, und sorgt sich ständig um das Wohl seiner Familie. Nur aufgrund seines Berufes hat er eine leicht morbide Ader. Eines Tages trifft er einen alten Freund wieder, mit dem er im österreichischen Heer gekämpft hatte. Nun, da Deutschland unter seinem neuen Führer Adolf Hitler immer mächtiger wird, tritt er auf Anraten seines Freundes der Nationalsozialistischen Partei bei und bald ist er ganz eingenommen vom Wahn des dritten Reiches. Da gibt es nur das Problem der Herkunft seiner Familie. Doch in seiner kühlen, berechnenden Art hält Karl schon eine Lösung bereit...

 

Bereits die Titelsequenz, die als Collage aus zerrissenen Fotos daherkommt, nimmt einen gefangen. Von Anfang an schafft es der Film eine ruhige, bedrückende Stimmung zu erzeugen, die unheimlicher ist als in den meisten Horrorfilmen. Dies mag auch an der Musik liegen, die geprägt ist von leisen Chören; vor allem aber an dem ruhigen Spiel von Rudolf Hrusínsky. Seine Darstellung des schmierigen Karl Kopfrkingl, der mit seiner kühl erzählenden Stimme und seinem fetten Gesicht das Geschehen dominiert. Er ist bestimmt keine sympathische Figur. Schon zu Beginn ist dieser aalglatte Mann, mit den an den Kopf gekämmten, pomadierten Haaren mehr als suspekt. Auch seine Art ständig mit seinem Kamm die Haare der toten in seinem Krematorium zu richten, und danach noch seine eigene Frisur glattzustreichen unterstreicht sein schauriges Auftreten. Doch seine Liebe zu seiner Familie ist trotz alledem zu spüren.

Wie er dann aber immer mehr in den Sog des nationalsozialistischen Gedankenguts hineingerät und bald mit seiner kühlen, berechnenden Art beginnt seine Familie zu beseitigen, jagt einem Schauer über den Rücken.

Das ganze Setting im allgemeinen, in kühlem schwarz/weiss gehalten, erinnert ein wenig an die Horrorfilme der 40er-Jahre.

 

Regisseur Juraj Herz bedient sich dafür auch ganz spezieller Kammerführung und setzt die ihm vorhandenen Möglichkeiten mit großem handwerklichen Geschick ein. Ruhige Szenen werden von schnell geschnittenen Nahaufnahmen unterbrochen. Die Kamera klebt auch oft an den Gesichtern, allen voran an dem von Rudolf Hrusínsky und vernichtet damit jegliche Distanz zu dem Geschehen. Auch die einzelnen Szenen wurden durch raffinierte Schnitte miteinander verbunden und sorgen für zusätzliche Irritation beim Zuschauer.

Dadurch verfällt das Publikum - zusammen mit der Hauptfigur - dem Wahnsinn und verliert sich in dieser düsteren Welt.

Einzig vielleicht die Handlung selbst ist etwas zu geradlinig und wird erst zum Schluss von einem symbolträchtigen Ende abgelöst.

 

Fazit:

Durch die kühlen schwarz/weiss Bilder, kombiniert mit der exzellenten Kamera und Schnitttechnik wird aus dem Drama bald ein faszinierender Horrorfilm. Hauptsächlich durch das berechnende, schmierige Spiel von Rudolf Hrusínsky getragen, zieht der Film in den Bann und sorgt für einige Schauermomente ohne besonders viel Gewalt zu zeigen. Die Geschichte selbst ist vielleicht etwas simpel, allerdings gespickt mit Symbolen und wird durch die starke Regie nie langweilig.


Veröffentlichung:

Bildstörung bringt den Film wie immer als Amaray im Schuber mit reichlich Bonusmaterial und umfangreichem Booklet. Deutscher Ton fehlt, dafür im Original mit Untertiteln. Die Bildqualität ist sehr gut, die Bonusfeature sehenswert und informativ, genauso wie es sein sollte. Wieder eine einwandfreie Veröffentlichung eines fast vergessenen Filmjuwels.


Bewertung: 7/10

Autor | Yves Albrecht

Besucherwertung

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Bewertungsmaßstab

10 = Sensationell!
9 = Genial
8 = Super!

7 = Sehr Gut
6 =  Gut
5 = Genügend (durchschnitt)
4 = Schwach
3 = Sehr Schwach
2 = Nervt
1 = Totale Sch...

Loading